Nach Beinarbeit stand das Kuchenbuffet hoch im Kurs.
Beim Windschattenfahren störte das ständige Spritzwasser.
Bühlertal. (eh) Nieselregen, schlechte Sicht durch Nebel, Kälte und Wind erschwerten am Sonntag den ersten Bühlertäler Radmarathon erheblich. Nach acht Stunden im Sattel trafen die ersten beiden Teilnehmer wieder am Zielort, der Franziska-Höll-Schule, ein. Michael Pfeiffer aus Offenburg und Harald Schabel aus Lahr war diese außerordentliche Leistung keinesfalls anzusehen. Nach der 215 Kilometer langen Strecke und mit 3 100 Höhenmetern in den Waden schwärmten sie von der anspruchsvollen und sehr schönen Strecke.
Das nasskalte Wetter machte den Radsportlern vor allem die Abfahrten mies und zwang sie dort in die Bremsen. „Eine ungebremste, rasante Abfahrt wäre zu gefährlich und der Radsportler kühlt zu sehr aus“, schilderte Harald Schabel. Das Fahren zu Zweit gab den beiden Motivation und Durchstehvermögen. Aber der Regen durchkreuzte auch das Fahren im Windschatten. Der Hintermann könne sich nicht erholen, weil Spritzwasser und hochfliegende Steinchen stören, so Schabel. Nach so viel Bein- und Muskelarbeit widmeten sie ihre Aufmerksamkeit erst mal dem großen Kuchenbuffet. Die freie und ungenierte Auswahl zwischen Sahnetorten und Kuchen genoss auch Helga Klebsch aus Rastatt, nachdem sie die 151 Kilometer lange Gebirgsstrecke bezwungen hatte. „Wer viel radelt, kann gut essen und braucht die Kalorien nicht zu fürchten“, so die Freizeitsportlerin, die mit 40 angefangen hat und mittlerweile 20 Jahre dabei ist.
25 Starter, darunter eine Frau und zwei Teilnehmer aus Bühlertal, nahmen am ersten Bühlertäler Radmarathon teil. Ralph-Rainer Welzel reiste eigens mit seiner Familie aus Düsseldorf an, verband den Marathon mit einem Urlaub in Bühlertal. Das miese Wetter war dem Rheinländer keine Rede wert. Stattdessen schwärmte er von der tollen Strecke, der guten Verpflegung und der gelungenen Präsentation im Internet. Seine achtjährige Tochter Lisa strampelte mit seiner Frau auf der 55 Kilometer langen Strecke durch das Vorgebirge. Von herrlichen Obstgärten, Weinbergen und Plantagen war die Gattin hell begeistert.
Das große Los zog Dieter Fuggemann aus Backnang. Aus einer Verlosung unter allen Marathonteilnehmern gewann er den ersten Preis, ein Wochenende in Bühlertal. Er bedauerte, dass der Nebel der schönen Strecke die Sicht genommen habe und dass er wegen der geringen Teilnehmerzahl größtenteils alleine fahren musste. Zwischen vier und fünf Marathons absolviert er im Jahr. Der Gelegenheitsradler ahnt, dass es ein spezielles Grüppchen ist, das sich am Marathonstart sammelt: Gipfelstürmer und beinharte Strampler.
Für sie wollen die Bühlertäler Organisatoren auch im nächsten Jahr den Marathonstart frei geben. Willi Werner, Vorsitzender des RSV „Falkenfels“, peilt damit auch die Teilnahme an einem Super-Cup an. Sieben derartige Veranstaltungen gebe es in Deutschland. Bis in drei Jahren, wenn beim Verein Jubiläumsfeierlichkeiten anstehen, wünsche er sich Bühlertal als Austragungsort.
Teilnehmerbericht von Katja und Peter Hernold
Innerhalb von zwei Tagen zwei Marathons zu bestreiten ist sicher eine Herausforderung. Wenn beide Strecken dann aber auch noch einen Schwierigkeitsgrad wie die Veranstaltungen in Altensteig und Bühlertal aufweisen, geht es ans Eingemachte. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb war der Bühlertaler Radmarathon einer der schönsten und auch denkwürdigsten Veranstaltungen überhaupt. Eigentlich hatten wir geplant, einen Tag nach dem Altensteiger Super Cup noch mehr oder weniger gemütlich eine 110 Km-RTF zu absolvieren und anschließend die Heimreise nach Essen anzutreten. Die zunächst in Altensteig für den Sonntag geplante RTF fiel jedoch aus, wie wir nach dem Super Cup erfuhren.
So saßen wir gemeinsam mit anderen Marathon-Kollegen, die alle die mehr oder weniger lange Anfahrt aus verschiedenen Teilen der Republik nicht nur wegen eines Marathons absolviert haben wollten, im Kongresszentrum Altensteig-Wart und diskutierten die Optionen. Zwei Termine kamen in Betracht. Von dem einen war bekannt, dass er ca. 2500 Höhenmeter und rund 210 Km aufweisen sollte. Allerdings hätten wir zu dieser Veranstaltung etliche Kilometer in Richtung München weiterfahren müssen – ein erheblicher Umweg. Angesichts der in jedem Fall vor uns liegenden Heimreise entschieden wir uns, quer durch den Schwarzwald nach Bühlertal zu fahren, um dort die Gegebenheiten und eventuelle Übernachtungsmöglichkeiten zu erkunden und falls sich irgendwelche Schwierigkeiten ergeben sollten, auf die nahe A5 in Richtung Heimat weiterzufahren. Auf der Fahrt erblickten wir neben der noch vorhandenen Beschilderung des Super Cups schon die Schilder des Bühlertaler Marathons und uns „schwante“, dass es auch bei diesem Marathon wieder mitten hinein in Berge gehen würde. In Bühlertal angekommen zeigte sich, dass sich eine Übernachtungsmöglichkeit in einer Turnhalle bot, die wir diesmal nur mit insgesamt fünf Personen nutzten. Neben unserem Freund Stefan Hoiboom, Weggefährte auf vielen Marathons, hatten sich Corinna und Jürgen, Katjas Mitfahrer von Super Cup aus Altensteig, ebenfalls hierher verirrt.
In der Nacht und am nächsten Morgen plätscherte wieder mal unaufhörlich Regen vom Himmel. Während des ausgiebigen Frühstücks diskutierten wir noch, ob wir es denn erneut wagen wollten, uns mehrere Stunden nassregnen zu lassen. Als der Regen dann aber nachließ gingen wir gegen 8 Uhr mehr als eine Stunde verspätet doch noch auf die Strecke. Da sich bisher nur rund 20 Teilnehmer zum Marathon eingefunden hatte war auch der Veranstalter damit einverstanden. Corinna und Jürgen verzichteten indes aufgrund von Knieproblemen auf den Marathon. Wir machten uns also zu dritt auf den Weg. Zunächst führte die Strecke von Bühlertal in Richtung Baden-Baden. Dabei war bereits kurz nach dem Start ein kleiner Anstieg durch Weinberge zu erklimmen, der einen weiten Blick in die hinter uns liegende Rheinebene ermöglichte. Nachdem Baden-Baden passiert war folgte der erste größere Anstieg, der bis auf über 700 Meter hinauf zum Gasthaus Rote Lache zwischen Baden-Baden und Bermensbach führte. Hier waren rund 500 Hm am Stück zu erklettern. Es machte enorm Spaß einen „richtigen“ Berg zu fahren, nachdem der Altensteiger Marathon ja vor allem unzählige Wellen und kurze steile Rampen zu bieten hatte. Nach der folgenden längeren Abfahrt war dann nach rund 30 Km die erste Kontrolle erreicht.
Hier hätte sich noch die Möglichkeit geboten, auf die 150 Km-Strecke abzubiegen. Angesichts des mittlerweile ganz erträglichen Wetters – es war zwar kalt aber trocken – verschwendeten wir jedoch keinen Gedanken daran und fuhren auf der Marathon-Stecke weiter. Zunächst ging es nun leicht bergab, nach einer Abzweigung folgte dann Richtung Kaltenbronn die nächste Steigung. Am Vortag in Altensteig hatte uns jemand die Steigung noch in leuchtendsten Farben als extrem schwer geschildert, ohne dass wir indes zu diesem Zeitpunkt wussten, dass wir am nächsten Tag dort hinauf fahren würden. Wie sich jedoch zeigte, war die Darstellung übertrieben ausgefallen. Im unteren Abschnitt bis Reichental ging es zunächst nur leicht bergauf. Erst als dieser Ort passiert war hob sich die Strasse und es kam ein steiler Abschnitt. Im letzten Teilstück vor der auf ca. 1000 m über NN gelegenen Höhe ging es dann wieder flacher weiter. Dabei führte die Strecke wieder – wie am Vortag der Altensteiger Super Cup – durch Abschnitte, die durch den Orkan Lothar an Weihnachten 99 stark geschädigt worden waren. Große Waldstücke waren vollkommen zerstört. Durch den fehlenden Wald blies auf der Höhe der Wind empfindlich, es hatte sich vollkommen zugezogen und auch die Temperatur war deutlich unter die 10 Grad Marke gefallen – durchgeschwitzt vom Anstieg fror ich erbärmlich, während ich oben an einer extra auf der Anhöhe eingerichteten Verpflegungsstelle auf meine Mitfahrer wartete. Es dauerte zum Glück nicht lange bis zunächst Stefan und kurz darauf Katja einliefen und es gemeinsam die nächste Abfahrt hinunter ging.
Auf dem folgenden nur mäßig steigenden Stück Richtung Enzklösterle befanden wir uns auf einem Teilstück, das bereits am Tag zuvor im Rahmen des Super Cups befahren wurde. Während wir am Vortag weiter bis Besenfeld gefahren waren ging es diesmal links ab hinauf nach Simmersfeld und über Fünfbron und eine Abfahrt mit teilweise gefährlich schlechtem Straßenbelag zur Nagoldtalsperre wo Kontrolle 2 lag. Bis zu dieser Kontrolle waren zwar erst rund 80 Kilometer aber 2.000 Höhenmeter absolviert. Angesicht dieses Schwierigkeitsgrades und des Marathons am Vortag waren wir schon ziemlich kaputt. Zum Ausruhen blieb aber keine Zeit. Nach der Kontrolle ging es zunächst kurz über Erzgrube zur nächsten Steigung hinauf nach Besenfeld. Diesen Streckenabschnitt waren wir am Vortag noch in entgegengesetzter Richtung gefahren. Hinter Besenfeld kam dann eine herrliche, gut ausgebaute Abfahrt hinunter ins Murgtal bis nach Schönmünzach. Dort ging es links ab und es folgte bereits nach ca. 100 Km der letzte längere Anstieg des Tages. Zunächst hielten sich bis zur Siedlung Hinterer Langenbach die Steigungsprozente in Grenzen. Danach bog die Strecke dann auf einen für den Autoverkehr gesperrten asphaltierten Wirtschaftsweg, der sich auf fast 1000 Meter Höhe hinauf wandte. Angesicht der hinter uns liegenden Strecken an diesem Wochenende musste jeder von uns seine letzten Reserven mobilisieren und der eigentlich harmlose Berg wurde zu einem Härtetest. Mittlerweile war das Wetter wieder umgeschlagen, der Himmel zog sich zu und mit jedem Meter Höhengewinn fielen die Temperaturen in ziemlich ungemütliche Regionen. Oben angekommen übersahen wir vor Nebelschwaden fast den etwas abseits stehenden (beheizten) Bauwagen, der als Aufenthaltsraum an der Kontrolle diente.
Nach kurzer Aufwärmpause ging es weiter. Hinter der Kontrolle bog die Strecke auf die Schwarzwaldhochstraße ein und stieg noch einmal leicht an, bevor nach nur rund 130 Km bereits alle topographischen Schwierigkeiten und rund 3.100 Höhenmeter hinter uns lagen. Es folge eine lange Abfahrt hinab ins Rheintal, wo es dann nur noch flach weiterging. So Höhepunkt reich der erste Teil der Strecke in den Bergen war, so Höhepunkt arm fiel dieser zweite Abschnitt aus. Dennoch waren wir froh, dass die Berge hinter uns lagen, auch wenn die Tour nun im mehrfachen Sinne des Wortes verflachte. Einzig das Fehlen einiger Hinweisschilder verursachte noch etwas Desorientierung bei uns. Da wir spät losgefahren waren, hatten einige Helfer etwas voreilig noch vor unserer Durchfahrt einzelne Wegweiser demontiert. Mit etwas Improvisationsvermögen und einem Blick in die Ausschreibung ließ sich aber auch dieses Problem lösen und wir erreichten problemlos das Ziel in Bühlertal. Dort war der Fehler bei der Beschilderung bereits aufgefallen, was uns neben wortreichen Entschuldigungen noch eine Einladung zum Essen einbrachte. Die Stärkung konnte wir auch vertragen, denn der Marathon und nicht zuletzt das schlechte Wetter hatten enorm viel Kraft gekostet. Als Ehrengabe hatten sich die Bühlertaler etwas besonderes einfallen lassen. Es gab – wie vielerorts auch – ein T-Shirt, dass jedoch mit dem per Digitalkamera aufgenommen Konterfei des Teilnehmers und dem Höhenprofil des Marathons geschmückt ist – eine tolle Idee.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass der Bühlertaler Marathon das Zeug zu einem echten Klassiker hat. Die Strecke hat schon bei schlechtem Wetter sehr viel Spaß gemacht; bei besseren äußeren Bedingungen ist sie zweifelsohne ein Highlight. Vielleicht sollte der Veranstalter in Erwägung ziehen, das Flachstück im letzten Teil der Stecke etwas zu verkürzen und statt dessen ein wenig mehr Gelegenheit zum flachen Einrollen zu schaffen. Nach mehr als 100 tollen Kilometern in den Bergen kann man sich für reine Flachpassagen kaum noch motivieren. Vor den Bergen ist etwas mehr Zeit zum Warmfahren dagegen durchaus willkommen. Bleibt zu hoffen, dass die Bemühungen des Veranstalters im nächsten Jahr von deutlich mehr Teilnehmern honoriert werden.
Copyright 1999-2000 by Katja und Peter Hernold